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Diskussionsrunde LV Berlin 7. März 2024

Journalistinnen und Journalisten in der Antisemitismus Debatte

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Diskussionsrunde LV Berlin 7. März 2024

Medienpolitischer Gesprächsabend in der nordrhein-westfälischen Landesvertretung in Berlin am 7. März 2024:  

Journalistinnen und Journalisten in der Antisemitismus Debatte

Journalistinnen und Journalisten kommt eine wichtige Rolle in der Demokratie zu. Sie sollen Fakten darstellen, aufklären, Grundlagen für Meinungsbildung schaffen und davon sichtbar getrennt in Kommentaren Bewertungen und Einordnungen vornehmen. Freie und unabhängige Medien sind eine zentrale Instanz – sie sind die „vierte Gewalt“. 

Angesichts gesellschaftlicher Polarisierung und emotional aufgeladener Debatten nimmt die Bedeutung von Journalistinnen und Journalisten eher zu als dass sie abnimmt. Denn es bedarf heute mehr denn je, einer unabhängigen und faktenbasierten Berichterstattung.

Begriffe wie „Lügenpresse“ haben seit Jahren Einzug in die Alltagssprache gefunden und zeigen einen Vertrauensverlust in den Journalismus. Der Begriff deutet auf Weltanschauungen und vermeintliche Erklärungsmodelle hin, die zugleich alte antisemitische Vorstellungen reproduzieren: eine (weltweit wirkende) Elite bestimme, was Medien und Journalistinnen und Journalisten berichten. Es zeigt eine Verrohung der Debatte und das offene Spiel mit antidemokratischen, extremistischen und menschenfeindlichen Verschwörungsnarrativen. 

Es sind insbesondere antisemitische Narrative - gleich welcher ideologischen Grundierung sie folgen - die im Kampf um Aufmerksamkeit besonders erfolgreich sind. Von Verschwörungserzählungen über die Shoa-Leugnung bis hin zu israelbezogenem Antisemitismus. 

Auf Einladung des Staatssekretärs für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Mark Speich, und der Antisemitismusbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, diskutierten Jörg Schönenborn, (Programmdirektor des WDR), Dr. Josef Schuster (Präsident des Zentralrat der Juden in Deutschland) und Prof. Dr. Frank Überall (Medienwissenschaftler an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln) am 7. März 2024 moderiert von Dr. Susanne Glass (Redaktionsleiterin Ausland und politischer Hintergrund beim Bayerischen Rundfunk).

Vor dem Hintergrund des Terrorangriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober und der Berichterstattung über den Krieg in Gaza kritisierte Dr. Josef Schuster die Verschiebung der Narrative. Auch die oftmals nicht vorgenommene Differenzierung zwischen Israel und Jüdinnen und Juden in Deutschland in der Berichterstattung sah er kritisch – die jüdischen Gemeinden in Deutschland seien keine Konsulate des israelischen Staats. Dr. Frank Überall führte Fehler und fehlende sprachliche Sensibilisierung in Berichterstattungen auch auf den Personaldruck zurück. So sei es nicht mehr üblich, Texte oder Beiträge bspw. in Redaktionssitzungen zu besprechen und auszuhandeln. Der zeitliche Druck des Internetzeitalters täte sein Übriges. 

Über die Schwierigkeiten, auch junge Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund zu erreichen, die nicht zu den durchschnittlichen Zuschauern des öffentlich-rechtlichen Fernsehens zählen, sprach Jörg Schöneborn. Der WDR habe beispielsweise auf TikTok einen Kanal eröffnet. Bei der Schnelligkeit von Verbreitungen von Fake-News komme man aber kaum nach. 

Gerade bei jungen Menschen übernehmen Soziale Medien immer öfter die Funktion der primären Meinungsbildung. Hier verbreiten sich antisemitische Verschwörungsnarrative und Desinformation, aber auch Hass und Hetze in rasender Geschwindigkeit. Postings über Antisemitismus und Holocaust-Leugnung machen einen Großteil von extremistischen Postings aus. 

Richtigstellungen sind dabei sehr oft deutlich weniger viral als „Fakes“ (Falschinformationen), die oft den Boden bereiten für die Radikalisierung gerade junger Menschen. Faktenbasierter Journalismus ist ein wichtiger Gegenpol dazu. Die Antisemitismusbeauftragte betonte zum Schluss die Notwendigkeit der digitalen und analogen Medien, klare Haltung zum Antisemitismus zu beziehen, dieses Thema fest in der Journalistenausbildung zu verankern und in der aktuellen sehr emotionalen Debatte auch als Faktenchecker zu agieren.

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ASB NRW in Diskussion in LV Berlin am 7. März 2024
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Plakat Medienpolitischer Diskussionsabend LV Berlin
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Inge Auerbacher

Inge Auerbacher spricht im Bundestag

Anlässlich des Holocaustgedenktages am 27. Januar 2022 wird die Holocaust-Überlebende, Inge Auerbacher, eine Rede im Bundestag halten. Auerbacher ist 1934 in Kippenheim in Baden-Württemberg geboren. Am 22. August 1942 wird die siebenjährige Inge mit ihren Eltern zum Sammelplatz in Göppingen gebracht und erhält die Transport-Nummer XIII‑1–408. Zwei weitere Nächte werden sie in der Sammelhalle am Stuttgarter Killesberg interniert und anschließend ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Das kleine Mädchen überlebt zusammen mit ihren Eltern den schrecklichen Terror des Nazi-Regimes und widmet seither ihr Leben als Zeitzeugin dem Kampf gegen Antisemitismus.
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